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Philosophie

Leben mit der Realität wie sie ist

Wenige Menschen kenne ich, die nicht an der Welt leiden, oder zumindest gerne etwas Grundlegendes daran ändern würden. Viele fühlen sich, "in der falschen Zeit geboren" oder "an dieser Stelle der Welt fehl am Platz". Sie quält es zu sehen wie die Menschheit mit der Erde umgeht, oder sie fühlen sich von vorne bis hinten manipuliert. Und je nachdem wo einen die Realität drückt und wie man selbst charakterlich ist, verfällt man in Hoffnungslosigkeit, Wut, Aktionismus oder einfach nur generelle Unzufriedenheit.

Da gibt es Menschen, deren Herz sich nach der höfischen Art der Romantik zu sehnen scheint, Menschen, die viel lieber in der Zukunft wären, wo wir hoffentlich durchs ganze Universum reisen können, und solche die viel lieber in der Jungsteinzeit geblieben wären. Andere sehen das Böse der Welt in allem, was nicht wissenschaftlich ist, oder in moderner Technologie bzw. allem was uns in eine technisierte, der Natur entrückte Welt bringt.

Diese Sorgen sind jedoch in der Menschheitsgeschichte nichts Neues und den Umgang damit empfinde ich ebenso wenig als abgeschlossen wie unspannend. Mein eigener Kernansatz ist es eigentlich in vielen Dingen erst die Frage zu stellen, was der eigene Sinn des Lebens ist und zu versuchen darauf basierend eine Antwort zu formulieren. Doch das setzt natürlich voraus, dass man eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens gefunden hat. Dennoch will ich das Szenario einmal anhand meiner eigenen Antworten sezieren.

Subjektive Meinung/Beispiel an

Auch mich drückt die Realität an ein paar Stellen: Da wäre für mich das Verhältnis von Menschen zu Raum auf dieser Erde. Ich hätte gerne viel mehr Platz und würde denken, dass - sagen wir 100 Millionen Menschen für den Erdball genug sind und wir schon vor Jahren viel zu viele waren. Ebenso störe ich mich daran wie wir die Erde ausbeuten und dabei eine wunderbare und schöne Umgebung zerstören, die uns doch Heim sein sollte. Es ärgert mich zu sehen wie die Menschen in den reichen Ländern immer fauler und unfähiger werden, und ich glaube wir leiden an geistiger Verwirrung, weil wir den Kontakt zu unseren Emotionen verloren haben und nur noch glauben, was jemand erforscht hat, das dann aber nicht mehr anfechten und für gottgegeben ansehen.

Zwar kann ich mich als Individuum zu all diesen Themen äußern und könnte nun entweder in einen leidenschaftlichen Kampf verfallen, um für möglichst viele der von mir wahrgenommenen Probleme eine Lösung zu finden, doch was würde ich erreichen? Zunächst einmal rechne ich mir keine allzu großen Chancen aus wirklich viel zu verändern, und selbst wenn ich etwas verändere heißt das noch nicht, dass ich mit dem was aus meinen Aktionen folgen würde, zwangsläufig glücklicher wäre. Es könnten auch schlimme Dinge aus meinen Ideen erwachsen und selbst wenn nicht, vermute ich, dass ich ganz persönlich nicht glücklicher wäre auf eine Geschichte des Kampfes zurückzublicken und festzustellen wie viel noch offen bleibt oder sich an Problemen neu ergeben hat. Gerne hätte ich die Welt so vorgefunden wie ich es mir erträume, aber die Welt durch einen lebenslangen Kampf umzuformen nur um dann rückblickend festzustellen, dass ich keine Zeit zum genießen hatte und möglicherweise selbst zwar eine Welt geschaffen habe die mir gefällt aber welche die Wünsche einer neuen Generation von Wesen ignoriert wäre kein guter Ausblick.

Um ein Vorgehen zum Umgang mit meinem Unmut mit der Realität zu finden würde ich also meine Antwort auf den Sinn des Lebens konsultieren und die ist sehr extrem abgekürzt “Glücklichsein und Glück mehren” als Selbstzweck, da ich zu dem Schluss gelangt bin, dass nichts von Dauer ist und man ein gutes Gefühl nicht über Umwege, sondern direkt mit diesem Ziel erreichen kann und sich so nicht in letztendlich bedeutungslosen Details verliert.

Das Ergebnis ist für mich also, so gut es geht nach meinen Idealen zu leben und diese auch vorzuleben, aber nicht aktiv zu missionieren. Ich teile gerne was ich glaube, aber ich möchte nicht Menschen von etwas überzeugen die nicht überzeugt werden wollen. Auf diesen Kampf habe ich schlichtweg keine Lust und ich sehe diesen Kampf auch nicht als gerechtfertigt an, denn ich bin auch nur ein Mensch der glaubt recht zu haben, so wie wir alle hier. Ansonsten genieße ich lieber was ich selbst erreiche und was ich mit anderen lieben Wesen teilen kann, die mir in diesem Leben begegnen. Wenn sich die Welt durch mich verändert wie ich es möchte, freue ich mich, wenn sie es nicht tut, dann genieße ich was ich trotzdem daran hatte und gehe ohne Schuld aus dieser Realität, weil ich meinen Intensionen treu geblieben bin.

Subjektive Meinung/Beispiel aus

Ein Großteil meiner Argumentation ist bereits in meinem Beispiel enthalten. Doch wenn ihr noch nicht wisst was für euch der Sinn des Lebens ist, dann hinterfragt erstmal warum euch die Welt drückt wie sie ist, und ob ihr wirklich überzeugt seid für alle die euch etwas bedeuten eine bessere Realität zu kennen. Falls ja, seid ihr bereit dafür zu kämpfen? Würde der Kampf euch zufrieden zurücklassen, oder voller Gram über seine Intensität oder eine mögliche Niederlage? Wie möchtet ihr auf euch zurückblicken? Wie wollt ihr im Leben von anderen gesehen werden? Und ganz einfach, gibt es einen kleinen Weg wie ihr eure Wunschrealität näher an euch holen könnt, ohne die ganze Realität aus den Fugen zu heben?

Wollt ihr am Hofe leben - gibt es vielleicht etwas, von Theater bis hin zu historischen Gruppen, die euch ein wenig von dem Gefühl geben können. Wollt ihr unabhängig von der Gesellschaft werden, arbeitet für euch in diese Richtung, vielleicht findet ihr ja auf der Reise Menschen, die auf demselben Kurs segeln. Genießt die kleinen Dinge und leidet nicht an den Großen, denn wie Seneca schon gesagt hat.

“Wer leidet bevor es nötig ist, leidet mehr als nötig gewesen wäre”
- Frei nach Seneca ins Deutsche übersetzt