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Philosophie

Das Streben nach mehr

Vor zwei Tagen saß ich abends draußen im Garten und betrachtete eine weiße Alba Rose die noch nicht all zu lange hier ist. Sie ist ein Ableger eines Rosenstockes meiner Ururgroßmutter die ich zwar nie persönlich kennen gelernt habe, aber die eine innige Verbindung mit Pflanzen gehabt haben soll und sowohl mir als auch meiner Mutter sympathisch im Kopf geblieben ist.

Beim Anblick der Blüte ging mir die Frage durch den Kopf, ob ich diese Blüte wohl auf einem Familienwappen haben wollen würde, wenn ich denn eines hätte. Und an dieser Stelle ist mein Gedanke an einer Gehirnwand abgeprallt und konnte sich selbst beobachten. Wochen zuvor hätte ich geistig am liebsten eine Butterblume als Zeichen auf einem persönlichen Wappen gesehen. Aus diesem Gedankengang entspann sich in meinem Kopf sofort eine Szene, in der das Kind einer Adelsfamilie mit Wappen gerne etwas anderes auf dem Wappen hätte und es schließlich später hinzufügt.

In den Zeiten als Wappen gesellschaftlich ein Ding waren, wurden ja auch des öfteren Wappen kombiniert, wenn zwei Menschen die bereits mit Wappen geboren worden waren Heirateten. Das wurde Teilweise sehr auf die Spitze getrieben, so ist das vermutlich komplexeste Wappen ist unter dem Stichwort Grenville Diptych zu finden und zu bewundern. Es enthält insgesamt 719 sogenannte Quarterings bei denen ein Wappen mit anderen zu einem neuen zusammengeführt wird. Siehe Auch: https://en.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Featured_picture_candidates/Grenville_Diptych Ein Wappen dieser Art hat eine seiner ursprünglichen Funktionen damit sicherlich schon eingebüßt. Auf dem Schlachtfeld mit einem so bunten Gemälde herum zu laufen wäre sicher eher verwirrend und würde einen zu “Team Bunt” zuordnen aber davon abgesehen würde alleine die Herstellung der Bemalung eines so komplexen Bildes nicht mehr in einem zeitlich akzeptablen Rahmen möglich sein.

Damit ist man schon sehr weit weg von einem Anarchie A oder vielen Modernen Wappen-Nachfolgern die eher mal schnell an eine Wand geschmiert werden können.

Über diese ganzen Heraldikgedanken wurde mir klar, wie sehr der Wunsch mehr zu sein und sich mit etwas anderem zu vereinigen sich in alle Bereiche des menschlichen Lebens fortspinnt.

Das kann das erlernen einer neuen Fähigkeit genauso wie das streben nach Bestätigung, Reproduktion oder Essen sein. Sicher ist der Gedanke der Verschmelzung immer nur ein Teilaspekt des großen Ganzen, aber es scheint ein Aspekt zu sein der in sehr vielen Verhaltensweisen enthalten ist. Um so interessierter fand ich es darauf zu stoßen, dass der Begriff Yoga aus dem Sanskrit heraus unter anderem mit vereinigung bzw. im Englischen union übersetzt wird. Zwar kenne ich mich zu wenig mit Sanskrit oder Hinduismus aus um sagen zu können worauf sich diese Vereinigung bezieht, könnte mir aber vorstellen, dass auf physischer Ebene die Vereinigung von Atem und Körper gemeint sind und auf emotionaler Ebene die Verschmelzung mit dem gesamten Universum angesprochen ist.

Am Ende komme ich damit in meinem Kopf an der sogenannten Illusion der Trennung an, und dem Gedanken, dass wir alle vielleicht gar nicht getrennt sind, ich das selbe bin wie der Grund auf dem ich gehe. Jeder Leser dieses Artikels ein Teil von mir ist und ich ein Teil von allen Tieren und Pflanzen bin. Ein Gefühl der Trennung scheint uns aber doch fast allen inne zu wohnen sodass wir immer bestrebt sind mehr Dinge zu uns hinzuzufügen und dennoch individuell zu bleiben.